Tiere auf Sendung
Die Sender sind das Herzstück von Icarus und werden speziell für dieses Projekt entwickelt. Sie müssen klein sein, damit sie ihre Träger nicht behindern. Sie müssen Kälte, Hitze, Nässe und Staub aushalten können. Und sie müssen genug Leistung aufbringen, um monate- oder jahrelang ihre Daten an eine bis zu 600 Kilometer entfernte Empfangsstation im Weltall zu funken.
Die Icarus-Sender mit GPS-Funktion sind fünf Gramm leicht und kaum größer als eine Eurocent-Münze. Die kleinsten bislang verfügbaren Sender wiegen dagegen zwischen 15 und 20 Gramm. Damit lassen sich aber keine Tierarten ausstatten, die beispielsweise wie die Amsel (Turdus merula) nur 100 Gramm schwer sind. Damit ein Sender das Verhalten und die Überlebensfähigkeit eines Tiers nicht beeinflusst, darf er nämlich nicht mehr als fünf Prozent des Körpergewichts ausmachen. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich solche Sender nicht negativ auf das Verhalten der Tiere auswirken. Wichtig ist, dass die Sender leicht und klein genug sind und ihren Träger nicht in ihren Bewegungen behindern. Außerdem müssen sie unauffällig sein, damit die Tiere nicht zur leichten Beute für Räuber werden.
Trotzdem bleibt natürlich ein Restrisiko. Deshalb verfolgen die Icarus-Wissenschaftler nur solche Projekte, bei denen der zu erwartende Nutzen die möglichen Folgen für die Tiere weit überwiegt. Jede einzelne Studie muss außerdem im Vorfeld von den zuständigen Behörden genehmigt werden. Dazu gehört auch, eine Studie so durchzuführen, dass die Ergebnisse die größtmögliche Aussagekraft besitzen, sei es zum Schutz der Arten, die Verhaltensforschung oder für die Vorhersage von Naturkatastrophen. Darüber hinaus machen die Forscher die Ergebnisse über die Online-Datenbank Movebank frei zugänglich. So können Wissenschaftler, Naturschützer und Politiker weltweit die Erkenntnisse nutzen.
Keine Belastung für die Tiere
Zunächst müssen die Forscher die Tiere fangen und die Sender anbringen. Dafür gibt es unterschiedliche Techniken: Martin Wikelski beispielsweise hat einen Gurt aus Silikon entwickelt, mit dem sich ein Sender an einem Vogel befestigen lässt. Die Bänder sind elastisch und liegen auch dann noch eng am Körper an, wenn das Tier zu- oder abnimmt. Der Gurt wird zudem vom Gefieder verdeckt und ist somit quasi unsichtbar. All dies stellt sicher, dass der Sender keine negativen Auswirkungen auf das Leben und Verhalten der Tiere hat.
Das Anbringen dauert in der Regel nur wenige Minuten. In manchen Fällen vermessen die Forscher noch die Tiere oder nehmen Blut, Feder oder Haarproben. Die Tiere werden individuell gekennzeichnet, zum Beispiel mit einem Vogelring), so sind Sender und Vogel eindeutig identifizierbar. Anschließend werden die Vögel wieder in die Freiheit entlassen, wo sie nach kurzer Zeit wieder mit ihren natürlichen Aktivitäten fortfahren. Der Sender kann nun Daten sammeln und übermitteln – potenziell ein ganzes Tierleben lang: Störche haben Wissenschaftler auf diese Weise zehn Jahre lang beobachtet.
Die Sender bestehen aus einem Kunststoff-Gehäuse, einem Lithium-Ionen-Akku, einem anwendungsspezifischen Funkmodul und einem Basismodul zur Steuerung der Funktionen des Senders mit den Messsensoren: Beschleunigungsmesser, Magnetfeldsensor, Temperatur-Feuchtigkeits- und Drucksensor sowie ein GPS-Modul, das den Aufenthaltsort mit einer Genauigkeit von wenigen Metern bestimmt. Manche Sender bestimmen die Position sogar weniger als einen Meter genau. Der Akku liefert den Strom für die Messungen und die Datenübertragung. Die Solarzelle auf der Oberfläche lädt den Akku wieder auf. Der Sender verfügt über zwei Antennen: eine 20 Zentimeter lange für die Funkübertragung, sowie eine fünf Zentimeter lange für den GPS-Empfänger.
Minimaler Energieverbrauch
Der Sender ist auf minimalen Energieverbrauch optimiert. Am meisten Energie benötigen das GPS-Modul und die Signalübertragung per Funk. Deshalb läuft der Sender die meiste Zeit im Ruhemodus. Er wird nur kurz unterbrochen, um die Daten der Sensoren aufzuzeichnen und zu speichern. Ansonsten sind fast alle Systeme des Senders ausgeschaltet, wenn kein Kontakt zur Empfangsstation besteht, sowie in den Zeiten zwischen der Erfassung der Sensordaten.
Die Entwicklung der neuen Icarus-Sender ist inzwischen abgeschlossen. Während der derzeitigen Testphase werden die Wissenschaftler bis zu 5000 Sender in den verschiedenen Icarus-Projekten einsetzen.
Der Sendertechnik kommt weiter eine besondere Bedeutung zu, denn auch die fünf Gramm schweren Sender sind immer noch zu schwer für viele Tierarten: 70 Prozent der Vogel- und 65 Prozent der Säugerarten können mit dem heutigen Technik nicht mit Sendern ausgerüstet werden, ganz zu schweigen von Amphibien oder Insekten. Die nächste Generation der Icarus-Sender soll deshalb nur noch ein Gramm wiegen.